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Spekulation

Ein Schimpfwort! Spekulant! Spekulanten sind jene dunklen Gesellen, die durch hemmungslose Ausnutzung der durch die Globalisierung entstandenen Gesetzeslücken Profit einheimsen. So oder so ähnlich lauten nicht selten, und immer öfter die Ansichten über Spekulanten. Ein guter Anlass die Spekulation und die Spekulanten mal etwas aus der Nähe zu betrachten.

Speculator, -oris, m. ist im lateinischen der Kundschafter oder Späher, also jemand der Ausschau hält und zwar nach Bedrohungen oder Feinden also Übel. Oder, wie es ein übelmeinender Unbekannter formulierte:: Spekulanten sind solche, die nach Unheil suchen, und zwar nach Ihrem eigenen.

Die heutigen Vorbehalte gegen Spekulanten und ihre Spekulation rühren allerdings nicht daher, dass Spekulanten nach Unbill suchen, diese Deutung des lateinischen Ursprungs ist durchaus unzutreffend, vielmehr handelt es sich wohl um eine Reminiszens an den Aristoteleschen Begriff des "wahren Wertes" auf den sich Thomas von Aquinas berief, als er den "Austausch von Geld gegen Geld oder Geld gegen Waren nicht um der Lebenshaltung willen, aber der Profitgier wegen" verurteilte.

Der Spekulant im ursprünglichen Sinne war jemand, der über Gott nachdachte, so finden wir die Spekulation beispielsweise bei Boetius verwendet:

nach dirre speculacien
der langen contemplatien
di selege und die clare
sprach nu gar uffenbare
di wort mit suzeclicher gir:
ja, herre, du will sin mit mir

Boetius, de consultatione philosophiae, 11. Jhdt.

und wurde später auch auf alle jene angewandt die sich nachdenkend und kombinierend mit den nicht fassbaren Aspekten der Welt beschäftigten. In diesem Sinne finden wir den Spekulanten dann auch bei Smith, dem Begründer der Nationalökonomie:

those who are called philosophers or men of speculation, whose trade it is not to do anything, but to observe everything; and who, upon that account, are often capable of combining together the powers of the most distant and dissimilar objects.
An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, Adam Smith 1776, Book 1, Chapter 1, Of the Division of Labour.

Spekulieren heisst im eigentlichen Sinn des Wortes also so etwas wie unbekannte Zusammenhänge durch geistige Anstrengung auszukundschaften, da die Zusammenhänge aber gerade unbekannt sind, bleibt es natürlich nur all zu oft beim Versuch. Vielleicht ist es auch dieser schöngeistige Aspekt der zum schlechten Image der Spekulation beiträgt, so wie auch die Philosophie und die Naturwissenschaften, welche sich ja demnach gerade auch im wesentlichen der hingebungsvollen Spekulation widmen den Ruch des nutzlosen, unpraktischen, sozusagen theorethischen Zeitvertreibs tragen.

Jeder Mensch spekuliert im Laufe seines Lebens unzählige Male, sei es dass ein Stepke im Sandkasten darauf spekuliert, der Spielkamerad werde sich nicht gegen die wiederrechtliche Aneignung des Sandkuchenförmchens zur Wehr setzen, sei es der Hausmann, der beim Aufhängen der Wäsche darauf spekuliert es werde schon nicht regnen oder der Autofahrer der darauf spekuliert trotz Glatteis noch sein Ziel per PKW erreichen zu können. Je nach Gegenstand der Alltagsspekulationen kann es durchaus vorkommen, dass gemessen am eingegangen Risiko der Fehlspekulation jede auch nur erdenkliche Finanzspekulation farblos und schal wirkt. Nicht selten können wir Menschen beobachten die den einsatz von nur 1000 Euro am Aktienmarkt als Halsbrecherisches Hazardspiel bezeichnen aber sehr wohl keine Hemmungen haben alkoholisiert ein Kraftfahrzeug zu lenken. Dieser Merkwürdige Effekt in der Risikodisposition geht wohl auf eine drastische Fehleinschätzung der Bedeutung des Geldes zurück, die eben auch dafür verantwortlich ist, dass eine langanhaltendende Börenhausse es vermag Menschen an die Börse zu locken die diese Möglichkeit zuvor in allen Farben des Lichtes energisch von sich wiesen. Da aber Gier bekanntlich Hirn frisst und somitt Profitgier der natürliche Feind jeder Börsenspekulation ist, wie überhaupt jede Art von Gier der natürliche Feind der Einsicht ist, endet dieses kurzes Gastspiel natürlich als Tragikkomödie. Tragisch für den Aufführenden, komisch für die Zuschauer.

Leider leider gibt es auch ein dunkles Kapitel der Spekulation, besser der Finanzspekulation. Anders als beim spekulieren über Gott und die Welt gibt es bei Finanzspekulationen auch die Möglichkeit die vermuteten Zusammenhänge herbeizuzwingen, besonders dubiose Winkelzüge wie corner oder zu deutsch Ring haben nicht gerade dazu beigetragen den Ruf des Spekulanten positiv zu beeinflussen.

Und in diesem Punkte will ich auch den Gegnern der Spekulation recht geben: Wenn einzelne sehr reiche Personen oder Personengruppen ganze Kontinente durch den Einsatz ihre finanziellen Möglichkeiten in den Bankrott treiben, dann können wohl nur noch tiefschwarze Seelen von der heilsamen Wirkung der Spekulation sprechen. Ich möchte betonen: Dabei handelt es sich nicht um Spekulation, sondern um Krieg, Krieg mit den abstrakten und hocheffizienten Waffen des Kapitalismus. Dieser sollte nun wirklich nicht mit der mußevollen,bedächtigen und geistreichen Kunst des Spekulierens in einen Topf geworfen werden.

Und nun zu guter letzt: Der Selbsttest, sind Sie ein Spekulant?

1. Welches Spiel repräsentiert am ehesten den Geist der Spekulation:

a) Schach
b) Skat
c) Roulette

2. Welcher Beruf hat am ehesten mit dem des Spekulanten zu tun:

a) Arzt
b) Ingenieur
c) Bildhauer

3. Wie verhält sich ein Spekulant em ehesten, wenn er in seinem Keller eine längst vergessene Flasche seine Lieblingsweines findet, die mitlerweile gut und gern ihre 1000DM wert sein mag

a) Er legt sie wieder weg und wartet dass sie noch wertvoller wird
b) Er lädt ein paar Freunde zu Speis und Trank und öffnet mit Ihnen die Flasche in der Hoffnung auf unvergleichliche Gaumenfreuden.
c) Er versteigrt sie bei EBay.

Auflösung:

Frage / Anwort a b c
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Letzte Aktualisierung am Freitag, 1. November 2002